Überlegungen vor dem Kauf

Ich finde, es ist der heikelste Punkt überhaupt. Er soll euch ja einen konkreten Tipp geben, der einen guten Kauf ermöglicht. Aber dafür gibt es keine Garantie und wir kennen uns ja nicht und, und, und… Je mehr ich hier herum schreibe (und je mehr ich mich um diesen Punkt drücken will) um so weniger gefällt mir der Gedanke, dass ich für Fehlkäufe verantwortlich gemacht werden könnte.

Also werde ich hier einfach die Punkte sammeln, die zu beachten sind,
wenn Ihr loszieht einzukaufen! Einverstanden? OK, dann mal los!

  • Welches Ziel willst Du verfolgen?

Eine der grundlegenden Fragen ist: Was will ich eigentlich machen?

  • Will man vorrangig „nur“ Familien- und Urlaubsbilder machen?
    Dazu reicht oft eine Kompakt- oder Bridgekamera vollends aus.
    Eine D-SLR/M ist dazu „nicht unbedingt“ erforderlich.
  • Hast du den Wusch „themenorientiert“ zu fotografieren, also sich Themen wie z. Bsp. Makros, Architektur, Landschaft oder Porträts zum Ziel zu setzen und diese dann auch zu präsentieren? Zum Beispiel in Foto-Klubs, Internet-Fotocommunitys, Wettbewerben?
    Dann sind die Bereiche Spiegelreflex (D-SLR) oder System-Kamera (DSLM) die richtigen für dich,
    um die erforderliche Flexibilität zu gewährleisten und deine Ziele erreichen zu können.
  • Oder verfolgst du das Ziel die Fotografie neben- oder gar hauptberuflich einzusetzen?
    Dann sollte man vor allem auch auf die Kompatibilität der Objektive und des Zubehörs achten. Damit kannst Du Fehlkäufe vermeiden und auf lange Sicht Geld sparen.
    vollformattaugliche Objektive kann man auch an APS-C Gehäusen nutzen. Alles andere müsste beim Umstieg verkauft werden, weil es nicht passt. Am Besten man berücksichtigt das gleich von Anfang an und steigt erst einmal mit einer gebrauchten Vollformatkamera ein.

Je nachdem wohin der Weg führt, wird sich auch das Budget und die Wahl der Hardware ergeben.


  • Willst Du Objektive wechseln oder hast Du keine Lust dazu?

JA – Bitte beim nächsten Punkt weiterlesen.

NEIN – Kauf dir eine gute Bridge-Kamera mit eingebautem Zoom Objektiv! 
Damit kannst Du ohne weitere Investitionen in Objektive zu sehr guten Ergebnissen kommen, mit denen Du auch glücklich und zufrieden bist und bleibst (meistens) deutlich unter € 1.000.-. Die Kameras mit 1 Zoll Sensoren, MFT oder noch besser APS-C sind ganz ausgezeichnet in der Bildqualität! Berücksichtige dabei aber auch unbedingt die Wahl der erforderlichen Brennweite (siehe auch nächster Abschnitt). Es gibt in dem Bereich auch durchaus Kameras die einer D-SLR/M Konkurrenz machen kann.

Wenn es dennoch eine D-SLR/M sein soll, überlege genau in welchem Brennweitenbereich Du hauptsächlich fotografierst (anhand der Exif-Daten der vorhandenen Fotos erkennbar) und wähle aufgrund deiner Erkenntnisse das passende Objektiv zur Kamera deiner Wahl. Denn je kleiner der Brennweitenbereich ist (zB. 18-135 statt 18-270 mm) um so besser ist die Bildqualität! Es gibt auch immer wieder günstige Set´s im Handel oder am Gebrauchtmarkt, weil eben jemand bemerkte, dass er eigentlich etwas anderes benötigt. Und in der Kombi mit einem günstigen Tele, das man meist eh nicht so oft benötigt, bist du qualitativ hohwertiger unterwegs als mit einem Reisezoom.

  • Checke dein Budget und setze es klug ein! 

Jeder hat irgendwo seine finanzielle Schmerzgrenze, das ist klug und vernünftig so. Dennoch gleich eines vorweg: Lege dich nicht beinhart auf den Cent genau fest. Etwas Spielraum kann dir den besseren, klügeren Kauf ermöglichen oder, wenn du stur daran fest hältst, auch verhindern. Im Grenz- oder Zweifelsfalle ist es klüger, lieber noch ein paar Monate aufzuschieben und zu sparen, damit man mit seiner Ausrüstung auch wirklich Freude hat.

Dazu ein Beispiel:
Es gibt eine neue Kamera, die dir gefällt, sich aber kaum von der Vorgängerin unterscheidet (das ist inzwischen oft so). Zum Zeitpunkt des Kaufes ist das Vorgängermodel um einige hundert Euros günstiger. Wenn man sich nun dafür entscheidet, gewinnt man finanziellen Spielraum für den Kauf weiterer Objektive und die sind letztendlich wichtiger und meist doch länger im Besitz als die Kameragehäuse. Außerdem hat man damit gleich mehrere fotografische Bereiche abgedeckt und von Anfang an mehr Freude!
Mit im Budget sollten mindestens ein, zwei Reserve-Akkus und mindestens zwei Speicherkarten sein. Eventuell ist auch noch ein Blitzgerät, ein stabiles Stativ und eine Tasche möglich. Die Tasche sollte Platz für die Kamera, mindestens ein bis zwei weitere Objektive, Akkus, Karten und etwas Krimskrams (Reinigung, Visitenkarten, Schreibzeug) Platz haben. Damit ist man schon mal sehr gut gerüstet!

Dazu noch folgende Hinweise bezüglich zum Motiv passende Objektive:
(Brennweitenangaben bezogen auf Kleinbild)

  • Landschaftsaufnahmen
    erfordern vorwiegend UIltra- / Weitwinkel – das bedeutet von 7, 8 mm bis 35 mm.
  • Porträt / Menschen
    der Bereich reicht von 35 über 50 bis zu 85, 135 mm, viele nutzen auch hochwertige 70-200 mm Zooms.
  • Tierfotografie
    da können die Teleobjektive nicht lange genug sein! 300 – 800 mm plus 1,4 oder 2-fach Konverter.
  • Makrofotografie
    spezielle Objektive von 50 – 180 mm oder das MP-E 65 Lupenobjektiv (nur von CANON).
  • Architekturfotografie
    erfordert ebenfalls spezielle Shift-Objektive die „stürzende Linien“ verhindern.
  • Stellarfotografie / Nordlichter
    oftmals Ultra-/Weitwinkel-Objektive mit mindestens Lichtstärke 4 oder darunter
  • Unterwasserfotografie
    durch den Vergrößerungseffekt des Wassers ebenfalls Weitwinkelobjektive
  • Produktfotografie
    hier muss man nach der Größe des Objektes wählen. Die meisten Produktfotos können durchaus mit einem 50 mm Standardobjektiv oder einem Makro gemacht werden.
  • Industriefotografie
    richtet sich natürlich danach ob Innen- oder Aussenaufnahmen gemacht werden sollen, hier geht das Spektrum dann über den gesamten Brennweitenbereich

  • Geh in ein Geschäft und nimm die Kameras in die Hand!

Du weißt in welchen Bereichen du fotografierst und wer dafür die richtigen (leistbaren) Objektive hat? Sehr gut! Von jedem Hersteller gibt es zwei bis drei Modell-Serien.
Der Großteil der Bedienung erfolgt am Kameragehäuse und das muss dir gut in der Hand liegen. Geh in ein Geschäft mit größerer Auswahl und nimm die Kameras der Reihe nach in die Hand. Das erste Gefühl, das man dabei hat, ist meist das richtige. Deine linke Hand sollte von unten her am Objektiv liegen, die rechte am Kamerabody, das sichert eine stabile Haltung und unverwackelte Fotos.
Wenn deine Hand automatisch gut zugreift, die Kamera sicher und fest in der Hand und dein Zeigefinger automatisch am Auslöser liegt, ist das schon mal ein sehr gutes Zeichen. Versuche nun die Bedienelemente rechts mit den Fingern zu erreichen ohne die Kamera aus der Hand zu legen. Wenn dir das gelingt, bist du noch einen Schritt weiter. Deine Finger sollten sich nicht allzu sehr verkrümmen, so dass du dich dabei weder verkrampft noch unsicher fühlst und Angst hast, die Cam fallen zu lassen.

Wenn es dich stört, dass dein kleiner Finger unter dem Kameragehäuse zu liegen kommt oder gar frei in der Luft schwebt, bitte um eine Body-Erweiterung oder einen Handgriff dazu, er kann dir die nötige Griffigkeit bieten, die du brauchst. Ist der Original Griff zu teuer, gibt es immer Alternativen von hochwertigen aber günstigeren Zubehöranbietern (z. B. Meike). Akkuhandgriffe können eine Kamera aber oft sehr schwer und die Fotografie sehr ermüdend werden lassen.
Wenn  möglich, probiere das alles gleich mit den Objektiven, die dich interessieren, aus. Dadurch kannst Du dir vom Gesamtgewicht eine Vorstellung machen und wie es sich anfühlt, wenn du damit fotografierst.
Wenn der Schwerpunkt in deiner Hand und nicht kopflastig am Objektiv liegt, ermöglicht es dir eine stabile Freihandfotografie und somit unverwackelte, scharfe Fotos.

Stefan Wiesner hat ein zeitloses Kaufempfehlungs-Video, dass ich dir sehr empfehle!

  • Alte Autofokus-Objektive und Zubehör

Viele haben noch Objektive oder Zubehör von analogen Systemen daheim und denken daran sie mit der neuen Kamera weiter verwenden zu wollen. Grundsätzlich ist es in manchen Fällen möglich, mit manchen alten Schätzchen sogar besonders interessant.
Meistens geht es um die Objektive und tatsächlich gibt es die Möglichkeit zB. ältere AF-Objektive von Canon, Nikon, Minolta und anderen Objektivherstellern wie SIGMA und TAMRON ohne Weiteres, mittels Adaptern, an digitalen Kameras anzuschließen. Für den Anfang mag es genügen, z. B. ein günstiges Teleobjektiv auf diese Weise zu erwerben. Über kurz oder lang bemerkt man vielleicht doch, dass qualitativ doch noch etwas mehr möglich wäre und bei einer günstigen Gelegenheit das alte durch ein neues Objektiv ersetzt werden könnte.

Alte, manuelle Objektive (ohne Autofokus) sind auch mit Adapter nutzbar und die kosten oft gar nicht einmal so wenig Geld. Also wenn es nicht irgendwelche „Liebhaber-Linsen“ von Zeiss, Leica, Meyer Optik Görlitz oder Linsen ähnlich hochwertiger Hersteller sind, sollte man die Notwendigkeit abschätzen und gut überlegen, ob es wirklich sein muss.
Manche, die das tun, sehen es später als „Spielerei“ an, weil man sich einbildete, damit einen besonderen Bildeindruck erzielen zu können. Eine gewisse Herausforderung ist es hier, weil es nur Adapter ohne Blendenübermittlung gibt. Da heißt es zu lernen, mit „Arbeitsblende“ zu fotografieren.
Aber ich muss gestehen, dass es durchaus seinen Reiz haben kann, auch wenn es ins Geld geht und man Gefahr läuft, einer Sammlerleidenschaft anheim zu fallen. Besonders die alten, in Silber gehaltenen, aus hochwertigem Metall gefrästen Objektive üben schon ihren Reiz aus. Du merkst ich gerate ins schwärmen. Ja ich gestehe, ich hab mein Herz für diese Meilensteine aus der analogen Zeit entdeckt und mir eine kleine, feine Sammlung angelegt und fotografiere auch damit. Es ist eine „entschleunigte“ Art der Fotografie und macht einfach Freude.

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DAZU EINE ERNSTZUNEHMENDE WARNUNG AN ALLE DSL-R BESITZER!
VOLLFORMAT DSL-R´s haben logischerweise einen sehr großen Spiegel. Es ist nicht selten passiert, dass alte Objektive zu tief in den Spielkasten hineinragten, wenn die falschen Adapter verwendet wurden. Dabei kam es zu Kollisionen des Spiegels beim Hochklappen durch das Auslösen der Kamera und es wurden die  Spiegelarretierungen und/oder Spiegel dejustiert oder erheblich beschädigt!
Das die erforderlichen Reparaturen sehr teuer oder gar unrentabel sind, liegt auf der Hand!
Bitte nehmt diesen Hinweis sehr ernst! Wer sich für die Fotografie mit alten Objektiven interessiert, sollte sich sicherheitshalber eine (gebrauchte) DSL-M kaufen. Am besten eignen sich spiegellose APS-C und MFT Modelle, weil sie den inneren Bereich der Linsen nutzen und somit weder die typischen Vignettierung, noch Randabschattungen alter Objektive zeigen, die bei Vollformat durchaus auftreten und den Spaß an alten Linsen trüben können.
Vergesst aber dabei nicht den Crop-Faktor x 1,5 bzw 1,6 bei Canon bei APS-C und x 2 bei MFT.

Sven Klügl nutzt vorwiegend manuelle Objektive und hat einige Videos auf YouTube dazu auf Lager!

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Manche glauben sogar, sie müssten sich auch alte, analoge Kameras kaufen und mit Film arbeiten (Ja es gibt sogar wieder einzelne Hersteller die Filme produzieren). Egal ob Kleinbild oder Mittelformat, die Filmauswahl ist leider doch etwas begrenzt und zum Entwickeln müssen sie natürlich eingeschickt werden, weil es nur noch wenige Studios machen. Auch das hat seinen Reiz, geht aber schnell ins Geld. Die Entwicklung des Filmes und jedes Bild kosten Geld, außer du entwickelst selbst, dann wird es NOCH teurer! Aber es gibt ja auch wieder Polaroids… 😉

Das alles soll bitte jeder entscheiden wie er will! Wichtig ist, es soll der Spaß am Fotografieren nicht verloren gehen! Mit manuellen Objektiven ist es zwar etwas umständlicher und benötigt deutlich mehr Zeit bei den Einstellungen aber wie gesagt, es entschleunigt den Prozess der Fotografie und bekommt etwas „Meditatives“, wenn man so will. Bei Landschaften und Architektur ist es kein Problem aber bei allem was sich bewegt, wird es „spannend“. ?

Wofür auch immer Du dich begeisterst, ich wünsch dir viel Spaß und gutes Gelingen dabei!

LG Wolf

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